Wirtschaftspsychologie. Es klingt für den einen wissenschaftlich, für den anderen vielleicht sogar trocken und doch werden wir tagtäglich damit konfrontiert. Warum sind manche Verpackungen eckig, andere rund? Warum sind die Lampen andersfarbig bei der Fleischtheke oder warum hat ein Einkaufswagen einen schrägen Boden? Manchmal denkt man, das ist eben einfach so. Falsch gedacht!

Bei allen Dingen, bei denen der Mensch involviert ist, spielen unweigerlich psychologische Effekte ein Rolle. So werden wir von unterbewussten aber auch teils angelernten Mechanismen gesteuert, ohne es wirklich zu merken. So glaubt und folgt man Menschen in Uniformen eher, als zivilgekleideten Menschen (https://www.researchgate.net/publication/261402118_The_Social_Power_of_a_Uniform‘). Aber auch ein Anzug, eine Brille oder die Körperform beeinflussen die Glaubwürdigkeit einer Person. Auch wenn wir das manchmal nicht ganz erklären können, so können wir es zumindest in manchen Situationen nachvollziehen. 

Doch da hört es noch lange nicht auf. Die Art und Weise wie Texte geschrieben, Produkte geformt, Gebäude gebaut und Webseiten designt sind, beeinflusst unsere Wahrnehmung. 

Große Konzerne und Firmen geben Millionen für die perfekte „Manipulation“ aus, um das Produkt so vollkommen wie möglich darzustellen und damit zu vertreiben. Von der Löslichkeit des McDonald’s Burgerbrötchen im Mund bis hin zum abgestimmten Duft in Räumen, um die Kauflust zu fördern: Wir können diesen Effekten und Beeinflussungen nicht entgehen. Wir können aber lernen damit umzugehen. Und warum sollten wir es nicht nutzen, um Gutes zu tun? 

Nachhaltigkeit wird oft mit Verzicht in Verbindung gebracht, doch genau da ist schon das Problem: Das „Richtige“ zu tun, in diesem Falle zum Beispiel gesund zu leben, Sport zu machen oder nachhaltig zu konsumieren, wird oft mit Anstrengungen verbunden und als „langweiligere, tristere, weniger-Spaß-machende“ Variante angesehen. 

Und so weiß zwar der Kopf, es wäre richtig so zu handeln, aber der Bauch macht einfach nicht mit. Damit sind die Jo-Jo-Diäten und ungenutzten Fitnessstudiomietgliedschaften geboren. 

Bei einem nachhaltigen Lebensstil geht oft der Charme und die Atmosphäre des Alten und Gewohnten verloren. Zum Beispiel wird der lodernde Kamin durch eine Luft-Wärme-Pumpe ersetzt. Doch der Mensch an sich ist ein von Automatismen geprägtes Wesen (Robert B. Cialdini, 2001) und benötigt ein hohes Maß an Energie, um Veränderungen anzunehmen. Durch die Schnelllebigkeit unserer Zeit, greift der Mensch deshalb bei einer überwältigenden Informationsflut schnell zum Single-Piece-Of-Good-Evidence-Approach (Cialdini, 2001). Und hier werden, aufgrund der Fehleinschätzungen, häufig falsche Entscheidungen getroffen. Hat man einmal gehört, ein Elektroauto sei gar nicht besser als ein Benziner, benötigtet es sehr viel Energie, diese (falsche) Annahme wieder zu ändern. 

Themenfernen Personen fehlt letztlich die „soziale Bewährtheit“ von neuen Technologien: Eine Entscheidung für nachhaltiges Handeln hängt oft mit Personen im sozialen Umfeld zusammen, da sie die Einleitung in das Thema schaffen. Als Hotel sehen wir uns in der Position, genau das mit gutem Storytelling zu tun. Durch Raumgestaltungskonzepte wie Biophiles Design, Feng-Shui und das japanische Wabi-Sabi haben wir versucht, trotz fehlendem „lodernden Kamin“ eine Atmosphäre zu schaffen, die einen neuen ansprechenden Komfort schafft.

Handtücher hängen lassen. 

Wer kennt nicht die klassischen Aufkleber im Hotel, die dazu anregen sollen, sein Handtuch im Badezimmer hängen zu lassen und sich damit umweltbewusst zu verhalten. Diese sind oft sehr emotionslos gestaltet und geben einem das Gefühl, dass man auf etwas verzichten müsste, um nachhaltig zu sein.

Wir nutzen jedoch unser Wissen aus der Wirtschaftspsychologie und möchten unseren Gästen ein positives Gefühl mitgeben, wenn sie sich umweltschonend verhalten! 

Daher sind unsere Aufkleber etwas anders gestaltet. 

Quelle: aufkleberdealer.de
Aufkleber Handtuch hängen lassen im Hotel Luise in Erlangen

Und nun unsere Frage: Bei welchem Aufkleber hat man ein besseres Gefühl? Wir hoffen, die Entscheidung ist klar! Aber auch das ist wichtig zu wissen: All diese Effekte und Einflussfaktoren sind keine Garantie, wir können uns immer noch selbst komplett anders entscheiden, als es die Wissenschaft vorhersagt. Denn wir sind alle mit individuellen Erfahrungen geprägt und trotz dem häufigen Schubladendenken: Du, ich, wir sind einzigartig. 

Dies ist nur eines von vielen Beispielen, bei dem wir auf die Grundlagen der Wirtschaftspsychologie zurückgreifen. 

Für uns bedeutet (Wirtschaft-)Psychologie das Verständnis dafür, warum Menschen/Kund*innen tun was sie tun. Wir nutzen diese Grundlagen, um das Thema Nachhaltigkeit attraktiver zu machen und Anreize zu schaffen sich als Mensch und Konsument*in umweltbewusster zu verhalten.Dass das jedoch gerade beim Thema Nachhaltigkeit eine große Herausforderung sein kann, zeigt die Attitude-Behaviour-Gap. So haben zwar mittlerweile viele Menschen die Intention sich nachhaltiger zu verhalten, ihr tatsächliches Handeln weicht jedoch sehr von dieser Absicht ab.

Wenn du das Thema genauso spannend findest wie wir, suche doch mal nach folgenden Themen: 

  • Prinzip der Reziprozität
  • Beschwerde Paradoxon 
  • Persuasive Design 
  • Intrinsische Motivation 

Unser Buchtipp:

Robert B. Cialdini – Die Psychologie des Überzeugens. Ein Lehrbuch für alle, die ihren Mitmenschen und sich selbst auf die Schliche kommen wollen

Umsetzungszeitraum: Kontinuierlich

SDGs: 12